2003 Landestheater Innsbruck - Thomas Bernhard, Über allen Gipfeln ist Ruh: Fräulein Werdenfels
Premiere 25.01.2003

Regie: Christoph Hofrichter -----
Moritz Meister...Günter Gräfenberg
Anne, seine Frau...Eleonore Bürcher
Fräulein Werdenfels...Judith Keller
Herr von Wegener...Johannes Nikolussi
Frau Hertha...Hedy Danneberg
Herr Smirnoff...Michael Arnold
Der Verleger...Günter Lieder

Moritz Meister, einst Dachdeckerlehrling, ist zum gefeierten Poeten der Nation aufgestiegen und lebt nun parasitär auf Kosten der Stadt in einer Nobelvilla. Umsorgt von seiner Frau, die für ihn ihre eigene Karriere aufgegeben hat, führt er "ein Leben in Goethe". Er begeistert sich für Ausgrabungen, für die Natur, der er sich als Hobby-Bienenzüchter nähert, für die Musik und für die alljährliche Bildungsreise, die er mit Erinnerungsstücken dokumentiert. Der banalste Alltag des "Meisters" wird zum Kunstwerk überhöht.

Angehimmelt von der Studentin Werdenfels, die gerade eine Doktorarbeit über ihn schreibt, erwartet Moritz Meister seinen Verleger, um ihm aus seiner soeben vollendeten epischen "Tetralogie" vorzutragen, in deren Mittelpunkt ein Professor Stieglitz steht, der wiederum ein genaues Abbild Meisters ist. Anschließend will er auf eine triumphale Vorlese-Tournee durch 47 Städte gehen, die seine Frau, Verwalterin seines Ruhms, vorbereitet hat. Moritz und Anne Meister sind sich einig in ihrem Selbstlob, in ihrem gegenseitigen Lob, im Lob ihrer Lebensverhältnisse, im Lob des Lebens und der Welt überhaupt. Mit jedem ihrer Jubelsätze denunzieren sie ihr Leben als groteske Banalität. Ihr Enthusiasmus schmettert nieder: sie sind frohgemute Monstren.

"Ein deutscher Dichtertag um 1980" nennt Bernhard seine Satire. Der Dichterfürst Moritz Meister wird als Kultgegenstand der Öffentlichkeit, als Marktprodukt für Feuilletonisten und Kulturmanager mit Ehrungen überhäuft, zwischen Lesungen und Preisverleihungen hin und her gereicht. Ein weihevoll plaudernder Popanz als Ikone einer hohlen Gesellschaft.