Tiroler Landestheater Innsbruck:
Shakespeares Wintermärchen; feierte in Innsbruck am 12. Januar 2007 Premiere
Tote, rasende Eifersucht und Tyrannei und dennoch eine Komödie: Shakespeares Wintermärchen
An langen, kalten Winterabenden sitzt einer vor dem Kamin und erzählt ein Märchen: Es war einmal ein König, der war von grundloser Eifersucht befallen und trieb Gattin, Sohn, Tochter, Freund und Berater ins Unglück oder in den Tod. Erst nach einem Orakelspruch, viel (exakt 16 Jahre) vorübergegangener Zeit, jeder Menge Einsicht und später Reue wendet sich fast alles zum Guten und kehren Harmonie und Glück ins Königshaus zurück.
Spiel und Ernst - Eine Romanze mit zauberhafter Poesie, trefflicher Komik, voll spielerischem Geist - ohne die Ernsthaftigkeit zu vergessen - und wunderbaren Wendungen, ein Spätwerk Shakespeares, das Theaterträume wahr werden lassen könnte.
auszugsw. von B. Warenski
Judith Keller als Paulina
Tiroler Tageszeitung
Bilder: Larl.

Eifersucht um schwangere Königin
Salzburger Nachrichten 15. Jänner 2007
Shakespeares Wintermlärchen in einer respektablen Inszenierung des Tiroler Landestheaters
werner thuswaldner INNSBRUCK (SN).
Was kann eine Bundesländerbühne im Vergleich zu den renommierten Theatern in Wien wie dem dortigen Volkstheater und dem Theater in der Josefstadt leisten? Das Tiroler Landestheater zum Beispiel h
ält einen Vergleich spielend aus. Eine grosse Schauspielproduktion, die am Freitag Premiere hatte, war dafür ein weiterer Beweis. Für "Ein Wintermärchen" von Shakespeare mussten wohl alle Reserven mobilisiert werden, doch wurde die ungewöhnliche Herausforderung höchst respektabel bewältigt.
Regisseur Oliver Karbus ist vollauf damit beschläftigt, die vertrackte Geschichte so plausibel wie möglich zu vermitteln und leistet sich nur in Ansätzen einen spielerischen Umgang mit dem Stoff. Die Besonderheit des "Wintermärchens" besteht darin, dass sich vor unseren Augen eine Eifersuchtstragödie entwickelt, die an Brisanz jener des "Othello" nicht nachsteht. Der König von Sizilien glaubt, dass ihn sein Jugendfreund, der König von Böhmen, hintergeht. Der Verdacht zieht die schlimmsten Konsequenzen nach sich. Die der Untreue geziehene, hochschwangere Frau des Sizilianers muss in den Kerker, die bald darauf geborene Tochter wird ausgesetzt, der kleine Sohn des Königs, sein ganzer Stolz, geht zu Grunde, und die Königin stirbt. Zuletzt gibt es einen Zeitsprung von 16 Jahren, aber bis in den Schlussakt hinein: nichts als Unglück und Verzweiflung.
Erst kurz vor dem Ende wird alles zum Guten hin gerichtet. Shakespeare wusste, dass dies unter normalen Umstländen nicht zu schaffen ist. Dazu braucht es schon die Mittel des Märchens. Und genau die müssen herhalten, damit sich am Ende die zwei Könige versöhnen, deren Kinder heiraten und sogar die Königin, die als Alabasterstatue dasteht, wieder lebendig wird.
Der Ausstatter Robert Geiger zeigt zuerst aus hellem Holz ein Ambiente, das einen südlichen Marmorpalast suggerieren soll, in dem die Hofgesellschaft in schwarzen Anzügen mit Fliege Party feiert. Die Menschen in Böhmen dagegen springen in Lederhosen und grauen Strickjankern herum. Und Böhmen liegt, wie Shakespeare ausdrücklich behauptet, am Meer.
Die Tragödie wird mit nachhaltiger Kraft vorgetragen. Der stattliche Thomas Lackner als sizilianischer König rast grundlos, zerknüllt die schriftliche Ausfertigung des Orakelspruchs, der die Untreue der Königin in Abrede stellt, und fegt alles, was auf der gedeckten Tafel steht, zu Boden. Dort bleibt das Zeug dann lange liegen, kein Diener wagt es, einen Teller aufzuheben.

Am Erfolg sind noch viele andere Darsteller beteiligt, etwa Brigitte Jaufenthaler als Königin, die vor Lauterkeit strahlt und schon am Anfang mit ihrer Gestalt die skulpturale Untadeligkeit vorwegnimmt, mit der sie im Schlussbild auftritt. Johannes Nikolussi als Böhmenkönig sei wegen seiner prägnanten Diktion gelobt, und Judith Keller verdient viel Anerkennung, weil sie sich als Frau eines sizilianischen Lords zu jeder Zeit mit Herzenswärme und Verstand gegen die Kapriolen der Unvernunft zur Wehr setzt.
Klar ist es vorstellbar, dass es über die pure Redlichkeit hinaus noch eine Steigerung gibt, aber der Eindruck bleibt, dass das Innsbrucker Theater grossen Aufgaben gewachsen ist.

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