JUDITH KELLER als Madame Schleyer
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1060 Wien/6020 Innsbruck
Tiroler Tageszeitung, 26. 01. 06
Vom Lebensekel zur grossen Liebe:
Nestroys "Der Zerrissene" ist nicht Schnee von gestern.
Das Stück über den Überdruss ist brandaktuell.
Premiere im Tiroler Landestheater 4. Februar 2006
Herr Lips (Gabriel Barylli) und die
berechnende Witwe Frau Schleyer (Judith Keller).
Bilder: Larl.
Meiner Seel', s' is a fürchterlichs G'fühl, wenn man nicht weiss, was man will! singt verzweifelt, gelangweilt, der reiche Herr Lips, der Zerrissene in Johann Nestroys gleichnamigem Stück. Und weil Lips so gar keinen Lebenssinn findet, versucht er sein Dasein durch seltsame Einfälle immer wieder reizvoll zu gestalten.

Lips braucht den Kick. So entscheidet er, dass er die Erstbeste, die das Zimmer betritt, ehelichen wird. Frau Schleyer trifft die Wahl. Der berechnenden Witwe kommt der Heiratsantrag gerade rechtzeitig. Alles scheint geritzt. Da erkennt der Schlosser Gluthammer in Frau Schleyer seine ehemalige Verlobte. Wutentbrannt wirft er sich auf Lips, dem er unterstellt, sein einstiges Herzblatt entführt zu haben. Die beiden fallen vom Balkon in den Fluss und alle Glotzenden glauben, dass Gluthammer und Lips ertrunken sind. Ein gieriger Wettlauf um Lips' Erbe beginnt. Nur Kathi ist ein Lichtblick in diesem intriganten Spiel.
Innsbruck bejubelt Nestroy:
Ein zeitgenössischer „Zerrissener“ pendelt zwischen
Ernst und Komödiantik
Kühle, moderne Inszenierung von Michael Gampe.

Der charismatische Gabriel Barylli trägt den Abend: Der vom Geld verdorbene Lips, borniert und gelangweilt, wird in der Katastrophe zum fühlenden, leidenden und zuletzt liebenden Menschen; das alles geschieht hochmusikalisch, witzig, sprachlich und darstellerisch bezwingend. Aber auch die blutjunge Kathis der Hilde Dalik erobert die Herzen mit ihrer ungeschminkten Direktheit, und ihr Happyend mit dem "Herrn Göd" hat erlösende Wirkung. Die Vis comica des Lorenz Gutmann darf sich an der Figur des Gluthammer, die des Clemens Aap Lindenberg am Herrn Krautkopf entzünden; den weiblichen Kontrapunkt dazu setzt mit rauer Stimme Judith Keller als Madame Schleyer in Pink und Silber.
Das Publikum erfreute sich an der - vielleicht äusserlich ungewohnt "modernen" - Aufführung und rief die Künstler mit langem herzlichen Beifall immer wieder vor den Vorhang.

Sonntag, 05. Februar 2006,Jutta Höpfel

Kronezeitung, 6.2.06, Seite 22: Köstliche Kontrastfarben bietet Judith Keller als raukehlige Madame Schleyer....Das Publikum applaudierte begeistert.