2005 Tiroler Landestheater Innsbruck - Lorca: Yerma, Yerma
Nach der Uraufführung 1934 von einigen Kritikern als „unmoralisch“ verurteilt, gilt „Yerma“ heute als eines von Lorcas eindrucksvollsten Stücken.
Yerma wünscht sich ein Kind. Deswegen hat sie sich mit Juan verheiraten lassen, doch der kann oder will ihr keines geben. Es ist eine Heirat ohne Liebe, die keine Frucht trägt. Damit sitzt Yerma in der Falle, gegen die sie sich immer mehr auflehnt und der sie doch nicht entfliehen kann. Sie begehrt und fühlt, wofür ihr Mann kein Verständnis hat. Juan ist Teil der strengen dörflichen Welt, die nur Arbeit und Ehre zu kennen scheint. Mißtrauisch holt er gar die Schwägerinnen ins Haus, um die für ihn unberechenbare Yerma unter Kuratel zu stellen. Doch Yerma geht ihren Weg konsequent bis zur Katastrophe.
Judith Keller erfüllt die Titelrolle mit der ganzen Leidenschaft ihres Hungers nach Liebe und Zärtlichkeit, die sich zuletzt in Hass und Bitterkeit wandeln. Dazu trifft auch ihr kehliger Gesang genau den richtigen Ton. Helmuth A. Häusler gelingt ein beklemmendes Porträt des lieblos-primitiven Machos Juan, während Victor, dem die geheime Sehnsucht Yermas gilt, in Johannes Nikolussis subtiler Charakterisierung menschliche Wärme ausstrahlt.
Viele Frauengestalten umgeben Yerma, voran Julia Gschnitzer als lebenslustige "Alte", Eleonore Bürcher als geheimnisumwitterte
Geisterbeschwörerin Dolores, Petra Strasser als mütterliche Maria, die tratschenden Wäscherinnen und kichernden Mädchen. Der kleine
Julian Rohrmoser belebt als Vision nicht nur die Wunschvorstellung Yermas, sondern das Bühnengeschehen selbst, das den Zuschauer als ebenso kritisches Sittenbild starrer spanischer Traditionalität wie als Psychodrama einer sich aufbäumenden Frau fesselt.
Tiroler Tageszeitung online 24.9.05